Informationen für Klägerinnen und Kläger am Sozialgericht
I. Wer ist am Verfahren beteiligt?
Wer | Als… |
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1. Sie selbst | Klägerin oder Kläger |
2. Ihr Gegner | Beklagte oder Beklagter (z.B. Deutsche Rentenversicherung (DRV),,Berufsgenossenschaft (BG), Bundesagentur für Arbeit (BA-Arbeitsamt), Jobcenter, Krankenkasse, etc.) |
3. Beigeladene | weitere Behörden, Verbände, Firmen oder Privatpersonen, deren Rechte durch das Verfahren berührt werden. |
II. Wie erhebt man Klage?
Klagen auf dem Gebiet des Sozialrechtes richten sich zumeist gegen Bescheide der Sozialversicherungsträger oder Behörden. In diesen Fällen ist eine Klage zum Sozialgericht erst zulässig, wenn zuvor ein Widerspruchsverfahren von der Verwaltungsbehörde durchgeführt wurde.
In der Regel enthält der Bescheid, den Sie angreifen möchten, eine Rechtsmittelbelehrung. Auf dieser wird das Rechtsmittel der Klage vor dem Sozialgericht benannt. Die Klage muss innerhalb einer Frist von einem Monat nach Erhalt des Widerspruchsbescheides beim Sozialgericht in schriftlicher Form eingehen. Die Absendung per Post reicht zur Fristwahrung nicht!
Die Klage und alle Anträge im Laufe des Verfahrens können auch mündlich zur Niederschrift eines Urkundsbeamten in der Rechtsantragsstelle des Sozialgerichts erklärt und dort aufgenommen werden.
Bei Klageerhebung sollten Sie neben dem Bescheid, gegen den Sie sich wenden, angeben, was Sie mit der Klage erreichen wollen und aus welchen Gründen Sie den Bescheid für unzutreffend halten. Wenn es Ihnen schwer fällt, eindeutig auszudrücken, was Sie mit der Klage bezwecken oder wenn Sie nicht wissen, wie Ihr Recht nachzuweisen ist, wird Ihnen das Gericht durch konkrete Fragen, die Sie beantworten sollen, behilflich sein.
Grundsätzlich genügt es jedoch auch, wenn Sie zur Wahrung der Klagefrist die Klage unter Angabe des angegriffenen Bescheides beim Sozialgericht ohne weitere Begründung einreichen. Die Klagebegründung kann später nachgereicht werden. So können Sie sich beispielsweise noch anwaltlich beraten lassen.
III. Wird ein Rechtsanwalt benötigt?
Grundsätzlich kann jeder Kläger seinen Prozess vor dem Sozialgericht alleine führen. Sie brauchen also keinen Rechtsanwalt oder sonstigen Bevollmächtigten. Selbstverständlich dürfen Sie sich jedoch der Hilfe eines Rechtsanwaltes bedienen. Dieser kann Ihnen vorab, spätestens jedoch nach Einsicht in die Verwaltungsakten, zu den Erfolgsaussichten Ihrer Klage eine Einschätzung geben. Zudem wird Ihr Anwalt sein Fachwissen zur Durchsetzung Ihres Anspruchs einsetzen. Ein Anwalt kann sich für eine zügige Führung des Verfahrens einsetzen. Günstig ist es, sich von einem Fachanwalt für Sozialrecht vertreten zu lassen. Dieser verfügt über die notwendige rechtliche Fachkenntnis und hat Erfahrung auf diesem Gebiet. Die Entscheidung, ob Sie sich vertreten lassen oder den Prozess allein führen, müssen Sie selbst treffen. Wenn Sie sich vertreten lassen wollen, tun Sie dies möglichst rechtzeitig, am besten bereits im Widerspruchsverfahren. Die Erfahrung vieler Rechtsanwälte zeigt, dass sich die Behörden im Widerspruchsverfahren ggf. von guten Argumenten überzeugen lassen und ihre Entscheidung eventuell revidieren. Zudem kann eine anwaltliche Vertretung im Widerspruchsverfahren zu einer erheblichen Verfahrensverkürzung führen. Sofern die Versicherungsträger oder Behörden auf Ihren Widerspruch nicht entscheiden, wird Ihr Anwalt mit Untätigkeitsklage drohen. Regelmäßig beschleunigt dies die Verfahren erheblich.
IV. Was unternimmt das Gericht?
Das Gericht ist verpflichtet, von sich aus dafür zu sorgen, dass alle Tatsachen und Umstände aufgeklärt werden, die für die Entscheidung über Ihre Klage von Bedeutung sind. Es lässt sich deshalb die Unterlagen zusenden, die es für nötig hält. So z.B. die Akten des/der Beklagten. Es holt Gutachten von neutralen Sachverständigen ein, soweit es um Fragen geht, die nur ein Sachverständiger (beispielsweise ein Facharzt) beantworten kann.
V. Welche Pflichten haben Sie?
Auch wenn das Gericht den Sachverhalt von sich aus (von Amts wegen) aufzuklären hat, ist es dringend auf ihre Mithilfe angewiesen. Etwa,
- dass Sie die Klage begründen und Beweismittel benennen oder übersenden.
- dass Sie Ihre behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht entbinden, soweit medizinische Fragen aufgeklärt werden müssen,
- dass Sie Schreiben und Anfragen des Gerichtes spätestens zum Ablauf der gesetzten Frist beantworten (oder um Fristverlängerung bitten, falls dies nicht möglich ist)
- die hierbei angeforderten Stellungnahmen, z.B. zu Schreiben des Beklagten oder zu Gutachten, rechtzeitig Ihre Meinung äußern,
- Vorladungen zu Untersuchungen oder zu einem Gerichtstermin müssen Sie Folge leisten, bei Verhinderung sollten Sie sich rechtzeitig unter Angabe der Gründe entschuldigen.
- Sorgen Sie dafür, dass Sie für das Gericht erreichbar sind.
VI. Wie lange dauert der Prozess?
Das Gericht bemüht sich um eine möglichst rasche Erledigung Ihres Prozesses. Insbesondere aufgrund der Vielzahl der Hartz IV- Verfahren, die die Sozialgerichte vorrangig zu bearbeiten haben, müssen Sie gegenwärtig noch mit einer ein- bis zweijährigen, manchmal auch mit einer dreijährigen Verfahrensdauer rechnen. Die Dauer eines Verfahrens kann nicht vorausgesagt werden.
Abhängig ist die Verfahrensdauer auch davon, ob und wie viele Gutachten durch medizinische Sachverständige erstellt werden müssen.
Lassen Sie sich anwaltlich beraten, so wird sich Ihr Rechtsanwalt bemühen, alle notwendigen Verfahrensschritte (Klage, Akteneinsicht, Fertigung der Klagebegründung, Wertung Gutachten etc.) schnellstmöglich zu erledigen und notwendige Ermittlungen beim Gericht anregen. Darüber hinaus hat er in der Regel keinen Einfluss auf die Verfahrensdauer nach Klageerhebung.
VII. Wie endet der Prozess?
Ein Prozess kann auf insgesamt 4 Arten beendet werden:
- Der Beklagte sieht ein, dass der Kläger Recht hat und erkennt diesen Anspruch an (Anerkenntnis). Der Prozess ist erst dann beendet, wenn der Kläger das Anerkenntnis annimmt.
- Die Beteiligten einigen sich einvernehmlich und schließen einen Vergleich.
- Der Kläger sieht ein, dass die Klage keine Aussicht auf Erfolg hat und erklärt die Rücknahme der Klage.
- Kläger und Beklagter beharren auf ihren unterschiedlichen Meinungen, das Gericht muss durch Urteil oder durch Gerichtsbescheid entscheiden. Ein Gerichtsbescheid wird im schriftlichen Verfahren allein durch den Berufungsrichter (ohne Mitwirkung der beiden ehrenamtlichen Richter) erlassen. Zu dieser Verfahrensweise müssen die Beteiligten zuvor angehört werden. Der Gerichtsbescheid hat dieselbe Wirkung wie ein Urteil.
Sowohl Anerkenntnis als auch Klagerücknahme sowie die Annahme eines Vergleiches können schon vor Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch schriftliche Erklärungen gegenüber dem Gericht den Prozess beenden.
VII. Was ist eine mündliche Verhandlung und wann ist sie erforderlich?
In den meisten Fällen bestimmt das Gericht nach Vorliegen der Klagebegründung und einer Stellungnahme des Beklagten Termin zur mündlichen Verhandlung. In dieser erörtert das Gericht (ein Berufsrichter als Vorsitzender und zwei ehrenamtliche Richter als Beisitzer) mit Ihnen und den anderen Beteiligten die Sach- und Rechtslage. Der Verhandlungstermin wird Ihnen rechtzeitig über eine Ladung mitgeteilt. Auf dieser ist auch angegeben, ob Sie persönlich zu erscheinen haben. Andernfalls Ihnen die Teilnahme freigestellt.
Zur mündlichen Verhandlung kommt es, wenn das Verfahren nicht bereits vorher durch Anerkenntnis, Vergleich, Rücknahme oder Gerichtsbescheid erledigt wurde. Mit Einverständnis aller Beteiligten kann das Gericht (unter Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter) auch ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Kann nach Erörterung der Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung der Rechtsstreit nicht einvernehmlich geklärt werden und sind keine weiteren Tatsachen und Umstände aufzuklären, entscheidet das Gericht durch Urteil. Das Gericht prüft dabei ausschließlich, ob die von Ihnen eingeforderten Ansprüche nach den geltenden Vorschriften begründet sind. Das bedeutet, dass das Sozialgericht Ihnen nicht aus rein sozialen Erwägungen – etwa weil Sie besonders bedürftig sind oder ein schweres Schicksal hatten – Recht geben kann.
Ein Urteil wird regelmäßig am Ende der mündlichen Verhandlung mündlich bekannt gegeben (verkündet) und dann nach einigen Wochen in schriftlicher Form übersandt. Die Zustellung des schriftlichen Urteils kann bis zu 5 Monate dauern. Am Schluss des schriftlichen Urteils wird in der Rechtsmittelbelehrung ausgeführt, ob Sie gegen das Urteil die nächst höhere Instanz anrufen können, falls Sie mit dem Urteil nicht einverstanden sind.
Sieht das Gericht im Ergebnis der mündlichen Verhandlung noch Aufklärungsbedarf hinsichtlich bestimmter Umstände, beispielsweise über die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens, so fast es im Anschluss an die mündliche Verhandlung einen entsprechenden Beweisbeschluss. Erst wenn die Beweiserhebung abgeschlossen ist (bsp. weise das Gutachten vorliegt) wird vom Gericht ein neuer Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt oder der Prozess endet durch Anerkenntnis, Klagerücknahme oder Vergleich.
IX. Welche Kosten (Gerichtkosten und sonstige Kosten) entstehen durch das Verfahren?
Die Klageerhebung und das gesamte gerichtliche Verfahren sind für Versicherte, Sozialleistungsempfänger und Behinderte sowie deren Sonderrechtsnachfolger gerichtskostenfrei, sofern sie gerade in dieser Eigenschaft an Verfahren beteiligt sind. Auch Gutachten, die das Gericht zur Aufklärung für notwendig hält, werden auf Staatskosten eingeholt.
Sie müssen jedoch Ihre eigenen Kosten für die Prozessführung (z. B. Porto, Telefonkosten, Fahrtkosten, Kopierkosten, das Honorar eines von Ihnen ggf. beauftragten Rechtsanwaltes) oder ein von Ihnen initiiertes Gutachten (§ 109 SGB X) selbst tragen. Solche Aufwendungen werden Ihnen in der Regel nur dann ganz oder teilweise erstattet, wenn Sie den Prozess gewinnen. Für diesen Fall empfiehlt es sich, entsprechende Belege aufzubewahren.
Ausnahmsweise können Ihnen Gerichtkosten und Kosten der anderen Beteiligten auferlegt erden, wenn durch Ihr Verschulden die Vertagung einer mündlichen Verhandlung oder die Anberaumung eines zusätzlichen Termins erforderlich wird. Zudem können Missbrauchsgebühren verhängt werden, wenn Sie den Prozess fortführen, obwohl der Vorsitzende zuvor in einem Termin auf die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung hingewiesen hat. Der Mindestbetrag der aufzuerlegenden Kosten beträgt in diesen Fällen 150,00 €. Sind an einem Verfahren keine Versicherten, Leistungsempfänger oder Behinderte beteiligt, werden streitwertabhängige Gerichtskosten nach Abschluss des Verfahrens eingefordert. Dies gilt insbesondere für Klagen von Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten sowie für Klagen von Arbeitgebern. Wer die Kosten der Beteiligten zu tragen hat, entscheidet das Gericht in diesen Fällen je nach Ausgang des Rechtsstreits im Urteil oder in einem Beschluss.
Unter bestimmten Voraussetzungen (geringes Einkommen und Erfolgsaussicht der Klage) kann Ihnen das Gericht auf Ihren Antrag hin, den Sie möglichst bereits mit der Klage stellen sollten, Prozesskostenhilfe bewilligen und einen Rechtsanwalt beiordnen. Dem Antrag ist eine Erklärung über Ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (auf einem amtlichen Vordruck der bei Gericht oder im Internet unter www.bund.de/formular-center erhältlich ist) beizufügen. Wird Prozesskostenhilfe bewilligt, übernimmt der Staat die Kosten des Rechtsanwaltes. Je nach Höhe Ihres Einkommens oder Vermögens müssen Sie aber evtl. Raten an die Staatskasse zahlen.
Hinsichtlich der Kosten für die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts, lassen Sie sich am besten vorab von diesem genau informieren. Abweichend von anderen Rechtsgebieten, in denen die Rechtsanwaltskosten vom Streitwert des Verfahrens abhängig sind, enthält für das Gebiet des Sozialrechtes das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz so genannte Rahmengebühren. Weitere Informationen zu den Anwaltsgebühren im Sozialrecht entnehmen Sie bitte der gesonderten Rubrik auf dieser Homepage. (Gebührentatbestände für die sozialrechtlichen Rahmengebühren).
Sollten Sie eine Rechtsschutzversicherung haben, so empfiehlt es sich, von dieser vor Klageerhebung eine Deckungszusage einzuholen.
Da die Rechtsanwaltsgebühren im Sozialrecht oft nicht ausreichen, um den Arbeitsaufwand des beauftragten Rechtsanwaltes entsprechend zu honorieren, wird dieser Ihnen ggf. den Abschluss einer gesonderten Honorarvereinbarung vorschlagen.