Wen soll eigentlich das Schonvermögen von Sozialleistungsempfängern schonen?

Opa Albin ist aufgrund schwerer Kriegsverletzungen schwerbehindert. Er lebte mit seiner Frau Rosel in einem Einfamilienhaus auf einem großen Waldgrundstück. In den letzten Jahren wurde er pflegebedürftig und musste in einem Pflegeheim betreut werden. Für einen Teil der Kosten kam das Sozialamt auf. Nach dem Tod von Albin macht das Sozialamt gegenüber seiner Frau Rosel als Erbin einen Kostenersatzanspruch nach § 102 SGB XII geltend.

Nach § 102 SGB XII ist der Erbe einer leistungsberechtigten Person zum Ersatz der Sozialhilfe verpflichtet, die innerhalb der letzten 10 Jahre vor dem Erbfall aufgewendet worden ist und die einen bestimmten Grundfreibetrag übersteigt. Diese Ersatzpflicht gehört zu den Nachlassverbindlichkeiten.

Ein solcher Kostenersatzanspruch gegen die Erben setzt grundsätzlich voraus, dass die Gewährung von Sozialhilfeleistungen rechtmäßig war. War sie es nicht, scheidet ein Kostenersatzanspruch der Erben aus. Es ist also stets zunächst zu prüfen, ob die Gewährung der Sozialhilfe zu Lebzeiten des Erblassers an diesen rechtmäßig war.

Das von Albin und seiner Frau Rosel bewohnte Hausgrundstück wurde zu Lebzeiten von Albin vom Sozialamt als Schonvermögen nicht angegriffen. Zum Schonvermögen gehört nach dem Gesetz insbesondere ein vom Leistungsempfänger und seinen Angehörigen bewohntes angemessenes Hausgrundstück, dass nach dem Tod von den Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (z.B. behinderter, blinder o. pflegebedürftiger Menschen), Grundstücksgröße, Hausgröße, Zuschnitt, Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstückes einschließlich Wohngebäude. Hierzu hat das Sozialamt konkrete Feststellungen zu treffen. Ist das bewohnte Hausgrundstück angemessen, gehört es zum Schonvermögen, mit der Folge, dass das Sozialamt rechtmäßig handelt, wenn es die Sozialleistungen ohne Berücksichtigung dieses Grundstücks-Vermögens erbringt.

Das heißt aber auch, dass nach dem Tod des Sozialleistungsempfängers der Kostenersatzanspruch des Sozialamtes nach § 102 SGB XII greift. Denn: die Vorschriften über einzusetzendes Vermögen dienen allein dem Schutz des Sozialhilfeberechtigten, nicht aber dem seiner Erben.

Ist der Wert des Hausgrundstückes von Albin und Rosel höher als der Grundbetrag nach § 102 SGB XII kann Rosel als Erbin gegen den Kostenerstattungsanspruch des Sozialamtes nur einwenden, dass die Verwertung des Hausgrundstückes für sie eine besondere Härte darstellt. An eine solche stellt die Rechtssprechung aber sehr hohe Anforderungen.

Nur wenn die Gewährung von Sozialhilfe an Albin nicht rechtmäßig, weil das Hausgrundstück nicht angemessen und damit nicht als Schonvermögen zu schützen war, scheidet ein Kostenersatzanspruch des Sozialamtes gegenüber den Erben aus.

Auch ist zu beachten, dass es nicht erforderlich ist, dass das Sozialamt bei der Hilfebewilligung darauf hinweist, dass ggf. nach dem Tod des Hilfeempfängers dessen Erben auf Kostenersatzanspruch aus dem Nachlass in Anspruch genommen werden können.

Nicht selten ist es daher der Fall, dass vom vermeintlichen Erbe nichts übrigbleibt, weil zunächst das Sozialamt zu befriedigen ist.

Der alte Spruch - besser mit warmen, als mit kalten Händen geben - ist daher auch hier der beste Rat. Der zweitbeste, für den Fall, es gilt doch Nachlass zu verteidigen, ist die Inanspruchnahme einer fachanwaltlichen Beratung.

Constanze Würfel Rechtsanwältin und Fachanwältin für Sozialrecht

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