Übernahme der Kosten der Schülerbeförderung nach dem Bildungs- und Teilhabepaket nach dem SGB II

(oder :Was ist die nächstgelegene Schule?)

Immer wieder stehen Leistungen für Aufwendungen der Schülerbeförderung nach dem SGB II im Streit. Dabei dürfte es doch im gesamtgesellschaftlichen Interesse sein, jedem Schüler gleichberechtigen Zugang zu Bildung im schulischen und außerschulischen Bereich zu gewähren.

Nach § 28 Abs.4 Satz 1 SGB II werden die Schülerbeförderungskosten zur nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsganges berücksichtigt. Was unter der „nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsganges“ zu verstehen ist, lässt diese Vorschrift offen. Auch den Bestimmungen des Schulgesetzes für den Freistaat Sachsen ist dazu nichts zu entnehmen.

Das Bundessozialgericht hat in einer Entscheidung vom 17.03.2016, B 4 AS 39/15 R dargelegt, welche Anknüpfungspunkte für die Bestimmung der nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsganges heran zu ziehen sind.

In dem dem Gericht vorliegenden Streitfall begehrte ein Schüler SGB II Leistungen für den Schulweg zu einem Gymnasium, dessen Sportzweig er besuchte. Die Schule war fußläufig 3,6 km von seinem Wohnort entfernt. Das Bundessozialgericht befand, dass er nicht auf näher gelegene Gymnasien verwiesen werden kann, die über andere Profile verfügen, als die des Sports (musisches oder naturwissenschaftliches Profil).

Das Gericht stellt voran, das es für die Annahme einer zumutbaren Ausbildungsstätte nicht genügt, dass dort der gleiche Abschluss erzielt werden könne. Gymnasien würden sich nach Lehrstoff und Lehrinhalten unterscheiden. Als Differenzierungskriterien werden unterschiedliche Aufnahmebedingungen und Prüfungsvoraussetzungen oder organisatorische Gestaltungen, aber auch weltanschauliche oder konfessionelle Prägungen, Sprach – oder berufsspezifische Angebote angesehen, die der Schule ihre individuelle Prägung geben. Insbesondre das Profil der Schule sei ein entscheidendes Kriterium.

In jedem Fall ist aber zudem zu prüfen, ob der Schüler auf eine Schülerbeförderung mit öffentlichen Verkehrsmitteln angewiesen ist oder ob der Schulweg zumutbar zu Fuß bzw. mit dem Rad zurückgelegt werden kann. Zu berücksichtigen ist dabei die Beschaffenheit des Weges, das Verkehrsaufkommen, das Alter des Schülers, etwaige körperliche Einschränkungen u.a. persönliche Umstände. Da das Landessozialgericht zu dieser Frage keine Feststellungen getroffen hatte, wurde der Rechtstreit an das LSG zu erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück verwiesen. Der betroffene Schüler wird also noch eine Weile mit dem Rad fahren müssen…

Gleichwohl dürfte die BSG-Entscheidung etwas Licht in den „nebulösen“ Begriff „nächstgelegene Schule“ gebracht haben und den Betroffenen von Nutzen sein.

Constanze Würfel Rechtsanwältin und Fachanwältin für Sozialrecht

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