SV-Pflicht bei Beschäftigung zwischen Schule und Studium

Endlich – das Abitur in der Tasche – wie geht’s es weiter? Es gibt viele Alternativen – Aushilfsjob, Praktikum, Auslandsaufenthalt… Entscheidend für die versicherungsrechtliche Beurteilung der Beschäftigung ist, was der/die Abiturient*IN nach der Reise plant beziehungsweise ob das Praktikum vorgeschrieben ist oder nicht. Ableistung eines vorgeschriebenen Vorpraktikums Vereinzelt sehen Ausbildungs-, Studien- oder Prüfungsordnungen Praktika vor, die vor Beginn des Studiums oder der beruflichen Schulausbildung ausgeübt werden müssen. Sofern in diesem Pflichtpraktikum Arbeitsentgelt erzielt wird, sind die Praktikanten unabhängig von der Höhe des gezahlten Arbeitsentgelts und der Dauer der Beschäftigung als zur Berufsausbildung Beschäftigte in allen Sozialversicherungszweigen versicherungspflichtig. Wird kein Arbeitsentgelt gezahlt, ist der Praktikant aus Arbeitgebersicht nur in der Renten- und Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig als zur Berufsausbildung Beschäftigter zu melden. Der Praktikant ist als Selbstzahler in der Kranken- und Pflegeversicherung versicherungspflichtig, sofern er nicht über die Eltern oder den Ehepartner kostenfrei über die Familienversicherung mitversichert werden kann. Befristete Beschäftigung im Rahmen eines freiwilligen Vorpraktikums Für Abiturienten, die in der Zeit nach der Schulentlassung freiwillig ein Praktikum gegen Arbeitsentgelt ausüben, gelten die nachfolgend genannten Regelungen zur kurzfristigen und geringfügig entlohnten Beschäftigung. Sofern kein Arbeitsentgelt erzielt wird, liegt auch keine melde- und beitragspflichtige Beschäftigung vor. Befristete Aushilfsbeschäftigung zwischen Abitur und Studium Abiturienten, die bei Beschäftigungsbeginn gegenüber dem Arbeitgeber angeben, zum nächstmöglichen Zeitpunkt ein Studium oder eine Fachschulausbildung aufzunehmen zu wollen, können grundsätzlich kurzfristig beschäftigt werden, wenn die Zeitdauer der Beschäftigung drei Monate beziehungsweise 70 Arbeitstage (übergangsweise vom 1. März bis 31. Oktober 2020 fünf Monate beziehungsweise 115 Arbeitstage) nicht übersteigt. Dass im Anschluss an die Aushilfsbeschäftigung eventuell tatsächlich kein Studium aufgenommen wird, ist irrelevant. Der Arbeitgeber ist nach Beschäftigungsende nicht verpflichtet, dies nachträglich zu kontrollieren. Befristete Aushilfsbeschäftigung zwischen Abitur und Beschäftigung Abiturienten, die angeben, nach dem Aushilfsjob eine Berufsausbildung oder eine Beschäftigung beginnen zu wollen, gehören nach der Auslegung zum Personenkreis der Erwerbstätigen und sind demzufolge berufsmäßig beschäftigt. Folgende Anschlussaktivitäten sind zum Beispiel als Berufsmäßigkeit begründende Erwerbstätigkeiten zu werten: • Berufsausbildung/duales Studium • Freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr • Bundesfreiwilligendienst • Vergleichbare Freiwilligendienste (zum Beispiel entwicklungspolitischer Freiwilligendienst) • Freiwilliger Wehrdienst • Aufnahme einer anderweitigen Beschäftigung mit einem Arbeitsentgelt von mehr als 450 Euro Beschäftigung mit einem Arbeitsentgelt bis 450 Euro Abiturienten, die in der Zeit nach der Schulentlassung eine Beschäftigung gegen ein monatliches Arbeitsentgelt bis 450 Euro aufnehmen, gelten generell nicht als berufsmäßig beschäftigt. Abhängig von der Dauer der Beschäftigung können sowohl die Voraussetzungen für eine beitragspflichtige geringfügig entlohnte Beschäftigung als auch eine beitragsfreie kurzfristige Beschäftigung vorliegen. Abitur und beabsichtigter Auslandsaufenthalt Nicht selten geben Abiturienten bei Aufnahme der Aushilfsbeschäftigung an, sich im Anschluss ins Ausland zu begeben. Diese Angabe alleine ist noch kein Indiz für die Klärung der Berufsmäßigkeit. Wichtig ist vielmehr, aus welchen Gründen der Auslandsaufenthalt durchgeführt wird. Steht eine Beschäftigung im Vordergrund, ist Berufsmäßigkeit im Status der Person der Aushilfe anzunehmen. Steuerrechtliche Beurteilung der geringfügigen Beschäftigung Die kurzfristige Beschäftigung ist beitragsfrei in der Sozialversicherung, aber steuerpflichtig, die geringfügig entlohnte Beschäftigung beitrags- und steuerpflichtig. Sofern der Abiturient aber mit Steuern belastet wird, kann er sich diese in der Regel wegen Nichtüberschreitung des Grundfreibetrages von 9.408 Euro nach Ablauf des Kalenderjahres über die Steuererklärung erstatten lassen. Geringfügige Beschäftigung und Familienversicherung Aushilfen sind häufig über einen Elternteil oder den Ehepartner in der gesetzlichen Krankenversicherung familienversichert. Für sie führt ein regelmäßiges Gesamteinkommen von mehr als 455 Euro grundsätzlich zum Wegfall des Anspruchs in der Familienversicherung. Einkünfte aus einer kurzfristigen Beschäftigung sind in der Regel höher, aber unschädlich für die Familienversicherung, weil sie in diesem Zusammenhang generell als unregelmäßig bewertet werden. Ich wünsche allen Abiturienten einen gelungenen Start in die SV-Welt! Constanze Würfel Rechtsanwältin und Fachanwältin für Sozialrecht

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