Führt eine nachträgliche Pauschalbesteuerung von Arbeitsentgeltbestandteilen zu deren Beitragsfreiheit?

Zu folgender Rechtsfrage ist unter dem Aktenzeichen B 12 BA 3/22 R ein Revisionsverfahren am BSG anhängig, welches für viele Arbeitgeber und insbesondere deren Steuerberater interessant ist: 

Sind anlässlich einer Jubiläumsveranstaltung erzielte Einnahmen nach § 40 Absatz 2 EstG dem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt zuzurechnen, wenn sie erst nach dem Februar des Folgejahres pauschal besteuert werden? 

Die Klägerin wendet sich in diesem Verfahren gegen eine Nachforderung von SV-Beiträgen i.H.v. 60.043,71 €. Strittig ist 

dabei, ob eine nachträgliche Pauschalbesteuerung von Arbeitsentgeltbestandteilen zu deren Beitragsfreiheit geführt hat. 

Die Klägerin führte am 5.9.2015 anlässlich eines Firmenjubiläums eine Betriebsveranstaltung durch, an der auch ihre 

Arbeitnehmer teilnahmen. Es entstanden Kosten i.H.v. 214.502,36 € (einschließlich Umsatzsteuer). Bei der Lohnsteueranmeldung für September 2015 vom 8.10.2015 berücksichtigte sie diese Kosten zunächst nicht. Am 31.3.2016 übermittelte sie dem Finanzamt dann eine korrigierte Lohnsteueranmeldung. Mit dieser meldete sie 

die Lohnsteuer auf den Arbeitslohn aus Anlass der Betriebsveranstaltung, soweit er den Freibetrag i.H.v. 110,00 € je 

Teilnehmer überstieg, mit einem Pauschalsteuersatz von 25 % an. Auf den sich daraus ergebenden Betrag führte sie keine Sozialversicherungsbeiträge ab. 

Die Deutsche Rentenversicherung forderte von der Klägerin SV-Beiträge unter Hinweis auf die Änderung des § 1 Abs.1 Satz 2 SvEV mit der Begründung nach, die Möglichkeit der Pauschalversteuerung reiche nicht mehr aus. Beitragsfreiheit bestehe nur noch bei einer rechtlich zulässigen und tatsächlich mit der Entgeltabrechnung für den jeweiligen Abrechnungszeitraum durchgeführten Pauschalversteuerung. Nur steuerlich zulässige Änderungen, die der Arbeitgeber aufgrund einer bisher unzutreffenden steuer- und beitragsrechtlichen Beurteilung bis zur Erstellung der Lohnsteuerbescheinigung zum 28.02. des Folgejahres selbst noch vorgenommen hat, könnten zur Beitragsfreiheit führen. 

Das SG Oldenburg entschied, dass die Arbeitslöhne, die die Klägerin ihren Arbeitnehmern aus Anlass der Betriebsveranstaltung zuwendete, nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen. 

Die Vereinbarung der Spitzenverbände der SV vom 20.04.2016 gehe 

über die gesetzliche Regelung des § 1 Abs. 1 Satz 1 hinaus. In der mit Wirkung zum 21.5.2015 geänderten Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) seien die dort genannten Einnahmen, Zuwendungen und Leistungen nämlich nicht dem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt zuzurechnen, soweit sie vom Arbeitgeber lohnsteuerfrei belassen oder pauschal besteuert werden. Solange eine Änderung der Lohnsteueranmeldung möglich sei, könnten keine SV-Beiträge fällig werden. 

Aus Sicht der Unterzeichnerin überzeugt die Entscheidung des SG Oldenburg/LSG Niedersachsen-Bremen. 

Das LSG Niedersachsen-Bremen hat mit Urteil vom 24.03.2022, Az.: L 12 BA 3/20 die Entscheidung des Sozialgericht Oldenburg vom 29.01.2020, Az.: S 8 BA 383/18 bestätigt und die Revision zugelassen. 

Aktuell fordert die Deutsche Rentenversicherung im Rahmen einer Betriebsprüfung festgestellte offene SV-Zahlungen auf pauschal besteuerte Arbeitsentgeltbestandteile unter Verweis auf die Vereinbarung der Spitzenverbände der SV vom 20.04.2016 nach. 

Es ist daher – bis eine Entscheidung des BSG zu der anhängigen Rechtsfrage vorliegt - anzuraten, gegen die entsprechenden Feststellungsbescheide der DRV Widerspruch einzulegen. 

Constanze Würfel 

Rechtsanwältin und Fachanwältin für Sozialrecht 

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