Beschädigtenversorgung nach einem Impfschaden
Beschädigtenversorgung nach einem Impfschaden nur bei öffentlich empfohlenen Impfungen
Vor dem Hintergrund, dass in diesen Wintermonaten angesichts der Grippewellen eine Impfung gegen die Neue Influenza (landläufig als Schweinegrippe bezeichnet) empfohlen wird, möchte ich anhand eines Fallbeispieles erläutern, welche rechtlichen Folge eine solche Empfehlung hat.
Gerald D. ist 52 Jahre und lässt sich auf Empfehlung seiner Hausärztin im Oktober 2009 gegen die Neue Influenza impfen. Infolge der Impfung erleidet Gerald D. eine gesundheitliche Schädigung, bei ihm wird eine chronische Polyneurithis diagnostiziert. Gutachterlich wird festgestellt, dass diese nunmehr vorliegende neurologische Störung bei Gerald D. mit überwiegender Wahrscheinlichkeit von der Grippeschutzimpfung verursacht wurde.
Gerald D. macht nun Beschädigtenversorgung nach dem Infektionsschutzgesetz geltend. Nach § 60 Abs.1 Impfschutzgesetz erhält, wer durch eine Schutzimpfung, die von einer zuständigen Landesbehörde öffentlich empfohlen und in ihrem Bereich vorgenommen wurde und dadurch eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung.
Es stellt sich daher nun die Frage, ob die Impfung vom Herbst 2009 bei Gerald D. von einer zuständigen Behörde öffentlich empfohlen war.
Regelmäßig gibt das Robert-Koch-Institut Impfempfehlungen heraus ( www.rki.de). Diese Empfehlungen übernehmen dann auch andere öffentliche Stellen und Behörden der Gesundheitsfürsorge.
Im Oktober 2009 empfahl die Ständige Impfkommission des Robert-Koch-Institutes eine Impfung gegen die Neue Influenza ausdrücklich nur für die Indikationsgruppen 1 bis 3. Dabei handelt es sich um
- Beschäftigte in Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege mit Kontakt zu Patienten oder infektiösem Material
- Personen ab einem Alter von 6 Monaten mit erhöhter gesundheitlicher Gefahrdung infolge eines Grundleidens und
- Schwangere (vorzugsweise ab dem zweiten Trimenon) und Wöchnerinnen.
Gerald gehört zur Indikationsgruppe 6, nämlich den übrigen Personen im Alter zwischen 25 und 59 Jahren, d.h. für Gerald D. war im Oktober 2009 die Impfung gegen die Neue Influenza noch nicht öffentlich empfohlen.
Gleichwohl wäre zu prüfen, ob aus der Tatsache heraus, dass die Hausärztin Gerald D. die Impfung ausdrücklich empfohlen hat, sich nicht ableiten lässt, dass es sich dabei um eine Indikationsimpfung für Risikogruppen bei individuell (nicht beruflich) erhöhtem Expositions-Erkrankungs- oder Komplikationsrisiko handelt. Diese Frage ist stets im Einzelfall zu prüfen. Nur wenn festgestellt wird, dass die Impfung im konkreten Fall von einer zuständigen Landesbehörde empfohlen wurde oder indiziert war, kann ein Anspruch auf Beschädigtenversorgung nach dem Impfschutzgesetz geltend gemacht werden.
Zwischenzeitlich hat die STIKO des Robert-Koch-Institutes eine erneute Bewertung und daraus abgeleitete angepasste Empfehlung vorgenommen und auch für sämtliche weiteren Indikationsgruppen ( 1 bis 7), also auch alle übrigen Personen die Schutzimpfung gegen die Neue Influenza ausdrücklich empfohlen. Dies bedeutet, dass keiner befürchten muss, bei einem durch die Schutzimpfung gegen die Neue Influenza verursachten Gesundheitsschaden, nicht umfassend entschädigt bzw. versorgt zu werden.
Ob man sich gegen die „Schweinegrippe“ impfen lässt oder nicht, muss natürlich jeder für sich entscheiden. Vielleicht gibt aber die Kenntnis über die rechtlichen Regelungen zur Beschädigtenversorgung eine Entscheidungshilfe.
Constanze Würfel Rechtsanwältin und Fachanwältin für Sozialrecht