Bandscheibenschaden – Berufskrankheit oder nicht?
Torsten H. ist von Beruf Fliesenleger. Nach 20-jähriger Tätigkeit in diesem Beruf hat Torsten H. erhebliche Beschwerden an der Wirbelsäule, insbesondere der Lendenwirbelsäule.
Nach langer Arbeitsunfähigkeit rät ihm sein behandelnder Orthopäde, bei der zuständigen Berufsgenossenschaft einen Antrag auf Anerkennung und Entschädigung einer Berufskrankheit zu stellen. Die Berufsgenossenschaft ermittelte zunächst die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die BK Nr. 2108 Anl BKV ( bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben und Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung…). Um diese zu erfüllen, muss Torsten H. im Verlaufe seines bisherigen Berufslebens einer als gesundheitsgefährdend einzustufenden Gesamtbelastungsdosis ausgesetzt gewesen sein. Nur dann läge überhaupt ein erhöhtes Krankheitsrisiko vor. Für diese Einschätzung nutzen die Berufsgenossenschaften bisher das sogenannte Mainz-Dortmunder-Dosismodell (MDD). Im Ergebnis der Ermittlungen lehnt die Berufsgenossenschaft den Antrag des Torsten H. ab. Die notwendige Gesamtbelastungsdosis sei lediglich zu rund 60 % erreicht.
Was kann Torsten H. nun tun ?
In jedem Fall sollte er gegen diesen ablehnenden Bescheid Widerspruch einlegen. Das Bundessozialgericht hat am 31.10.07 in einem vergleichbaren Fall darauf hingewiesen, dass nach den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen das Erreichen einer bestimmten Mindesttagesdosis, wie nach dem MDD gefordert, nicht mehr verlangt werden kann. Das MDD sei mangels einer besseren Alternative zwar grundsätzlich mit Abstrichen als Arbeitsgrundlage noch geeignet, jedoch sind die darin enthaltenen Richtwerte des MDD für die Gesamtbelastungsdosis zu halbieren. Von einem langjährigen Heben oder Tragen schwerer Lasten bzw. einer langjährigen Tätigkeit mit extremer Rumpfbeugehaltung ist daher auszugehen, wenn mindestens 50 % des nach dem MDD ermittelten Wertes für die Gesamtbelastungsdosis erreicht oder überschritten werden. Da letzteres bei Torsten H. bereits nach der bisherigen ungünstigen Berechnungsmethode der Fall war, dürften in seinem Fall die arbeitstechnischen Voraussetzungen erfüllt sein. Es bedarf dann noch der medizinischen Prüfung, ob das Bandscheibenleiden ursächlich auf die beruflichen Belastungen zurückzuführen ist, mit dieser also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in einem rechtlich wesentlichen Zusammenhang steht. Meist holt die Berufsgenossenschaft hierfür ein sogenanntes Zusammenhangsgutachten ein.
Torsten h. ist also viel Erfolg zu wünschen für seinen Kampf um die Anerkennung einer Berufskrankheit.
Constanze Würfel Rechtsanwältin und Fachanwältin für Sozialrecht