Appell an alle Solo-/Klein-Selbständigen – Lasst euch helfen!!

Klein- oder Solo-Selbständige wie GastronomInnen, MusikerInnen, FotografInnen, KünstlerInnen, HeilpraktikerInnen, PhysiotherapeutInnen, PflegerInnen, FriseurInnen, Kosmetikerinnen, FahrlehrerInnen etc. bangen aktuell wegen der drastischen wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie um ihre Existenz. Es war eine der positiven Errungenschaften der Harzt IV Idee, dass Selbständige nicht zum Sozialamt gehen müssen, wenn sie in eine Notlage geraten, so wie dies bis 2003 der Fall war. Das wird oft vergessen. Der Gang zum Sozialamt ist bis heute mit Scham besetzt, ganz besonders für Akademiker*Innen. Bei Eintreten einer – auch nur vorrübergehenden - finanziellen Hilfebedürftigkeit hat grundsätzlich auch der Selbständige bzw. Freiberufler die Möglichkeit, Arbeitslosengeld II (Harzt IV) beim zuständigen Jobcenter zu beantragen. Entgegen der häufig unter Selbständigen anzutreffenden Meinung, ist Harzt IV eben nicht nur für arbeitslose Beschäftigte gedacht, sondern auch für Selbständige, die ihr Existenzminimum nicht mit den Einkünften decken können – gleich aus welchen Gründen. Auch sie können Grundsicherung in Anspruch nehmen, ggf. als aufstockende Leistung. Die selbständige Tätigkeit muss deshalb nicht aufgegeben werden. Eine Mindest- oder Obergrenze für den wöchentlichen Arbeitsstundeneinsatz, wie beim Arbeitslosengeld I, gibt es nicht. Neben den monatlichen Geldleistungen für Regelbedarf und Kosten der Unterkunft werden vom Jobcenter auch die Beiträge für die private oder gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung übernommen. Aktuell wird Vermögen (außer erhebliches) für die Dauer von sechs Monaten nicht berücksichtigt. Auch sonst gilt, dass Vermögen nur dann berücksichtigt wird, wenn es verwertbar ist und nicht zum Schonvermögen gehört. Bsp.weise ist eine Rentenversicherung, die mit einem Verwertungsausschluss bis zum Renteneintritt gebunden ist, nicht einzusetzen. Auch ein angemessenes Fahrzeug und eine angemessene selbst bewohnte Eigentumswohnung bzw. ein Haus gehören zum geschützten Vermögen. Für Neu-Antragsteller zahlt das Jobcenter aktuell die Kosten der Wohnung erst einmal sechs Monate lang weiter, egal was sie kostet. Die Angemessenheit wird nicht überprüft. Erst nach den sechs Monaten prüft das Jobcenter, ob die Kosten angemessen sind. Anträge auf Alg II können in der Coronakrise jederzeit formlos telefonisch oder schriftlich gestellt werden. Ferner besteht auch die Möglichkeit, den bereits ausgefüllten Antrag (kann online abgerufen werden) ohne persönliche Vorsprache in den Hausbriefkasten des Jobcenters einzuwerfen. Der Dschungel der vielen sozialrechtlichen Regelungen, die Hilfe versprechen, ist oft für den Laien schwer durchschaubar – aber es gibt Spezialisten, die parat stehen, zu beraten und zu unterstützen. Sprechen Sie uns an – damit ist Ihnen und uns geholfen! Auch von uns sind viele Klein- oder Solo-Selbständige. Packen wir es gemeinsam an!

Constanze Würfel Rechtsanwältin und Fachanwältin für Sozialrecht

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